1773 | Epitaph des Johann Georg SchiepeL
Altstädter Epitaphien in der Petrikirche
Der Gedenkstein des Johann Georg Schiepel (Höhe 0,55 m, Breite 0,44 m, Tiefe 0,11 m) wurde aus Bergkirchener Sandstein angefertigt und trägt die Jahreszahl 1737. Aufgrund seines Erhaltungszustandes ist von einer ursprünglich epitaphen Aufstellung auszugehen. Die erste Zeile nennt den Stifter Johann Georg Schiepel. Die am Ende der ersten Zeile einsetzenden und bis zum Beginn der dritten Zeile verlaufenden Abbreviaturen und Ligaturen, ein System damals geläufiger Abkürzungen und Zeichenverschmelzungen, sind unvollständig erhalten.
Johan Georg Schipel . I(n)
dem Hern end:schlaffen drai Kind
er . ANNA Catharina . IOHAN Georg
DORODEA LEONORA
1737
(Abbreviaturen und Ligaturen vom Ende der ersten Zeile
bis zum Beginn der dritten Zeile und in der Fußzeile)
Die skulpturale Gestaltung des Steins lässt darauf schließen, dass es sich bei den Abbildungen, drei Figuren in Bethaltung, um die namentlich auf dem Epitaph erwähnten Personen handelt. Die Motivik des Steins widmet sich ihrer biographischen Darstellung. Auch wenn unterschiedliche Familiensituationen zu diesem Epitaph geführt haben könnten, so möchte man als Betrachter ein Kindschaftsverhältnis zwischen dem Stifter und den Verstorbenen vermuten. Interessant ist die Darstellung der ausdrucksstarken Gesichtszüge und der Kragenformen. Während die Frauenfiguren mit Rüschen versehene Kragenabschlüsse aufweisen, trägt Johann Georg ein Beffchen, das mit seinen auf die Brust hängenden Leinenstreifen zur bürgerlichen Tracht der Männer gehörte und erst im 19. Jahrhundert zum liturgischen Kleidungsstück der evangelischen Pfarrer wurde.
Die Familie Schiepel trat zu Beginn des 18. Jahrhunderts in unserem Heimatraum in Erscheinung. 1724 war ein Fähnrich Schipel, vermutlich ein Verwandter des Ackerbürgers Georg Schiepel, Angehöriger der Petershäger Garnison. Er verstarb 1757 als Hauptmann, mitten in den Auseinandersetzungen des Siebenjährigen Krieges. Der Tod seiner Ehefrau fand 1773 Erwähnung. Das Petershäger Feldregister, ein frühes preußisches Kataster, verzeichnete 1748 den auf dem Epitaph genannten Altstädter Ackerbürger Johan Georg Schiebell. Er unterhielt drei Morgen, 14 Ruten und zwei Fuß Ackerland auf der Flur „Im kleinen Berge“ (hier ist vermutlich die später als „Kleiner Judenberg“ bezeichnete Flur im Gebiet der heutigen Bahlenhorststraße gemeint) und Gewannen „Auf der Landwehr“ (dem südlichen Ende der Altstadt).
Schiepel entrichtete den Zehnten für das erste Grundstück, lieferte jährlich vier Scheffel Gerste an das Amt und zahlte fleißig Bürgerzinsen für die Gewannen auf der Landwehr. Er wohnte unter der Nummer 92 in der Altstadt. Dies entspricht der heutigen Anschrift Schifferstr. 4 (vormals auch Fischerort, Fischerstadt oder Weserstraße 4). Das Anwesen gehörte in früheren Zeiten dem Müller Stoffer Jürgens, der eine Schiffsmühle auf der Weser betrieb, und befand sich später viele Jahre im Besitz der Schie-pels (1765 Georg Schipel / 1765 und 1766 Soldat Fr. W. Schipel / 1785, 1790, 1794 Schiepel). Es geriet durch Heirat zunächst an Diederich Tegtmeyer, später an den Ackerbürger Wilhelm Rümcke, bis es 1866 vollständig abbrannte. Der Nachfolgebau diente u.a. als Bierverlag.
Im Vergleich zu den Ländereien anderer Ackerbürger war der Grundbesitz des Johann Georg Schiepel eher klein. Dieser Umstand mag sich vielleicht in der Größe des Epitaphs widerspiegeln, verrät aber nichts von der Zuneigung, die der Stifter im Andenken an die Verstorbenen empfand, ein Umstand, der uns heute besonders zur Pflege dieses kleinen Epitaphs verpflichtet. (Text: Uwe Jacobsen 2010)