Stadtrundgang Petershagen
Station 24 - St. Elisabeth
Katholische Glasarbeiter aus Bayern und Böhmen zogen seit 1812 nach Petershagen, um in der neu gegründeten Glashütte in Gernheim Anstellung zu finden. Mehr als drei Jahrzehnte mussten die katholischen Familien den 12 km langen Weg nach Minden für den Kirchenbesuch auf sich nehmen. Doch 1847 gelang es dem Mindener Dompastor Bonifatius Brotzmann für 555 Taler Gold Courant und 506 Taler aus der Domkirchenkasse ein Haus mit Obstgarten zu kaufen, das später zur Kapelle umgebaut wurde, in der die Mindener Dompastoren Gottesdienste mit der Gemeinde feiern konnten.
1853 erhielt die „Missionsgemeinde“ Petershagen, die bis 1875 eine Filiale des Mindener Doms blieb, Johann Georg Berhorst als ersten Missionar, der seinen Wohnsitz in Petershagen hatte. Zu der „Missionsgemeinde“ gehörten etwa 120 Gemeindeglieder, verteilt über Petershagen, Gernheim, Lahde, Ovenstädt, Schlüsselburg und Windheim.
Während des Ersten Weltkrieges fanden 1915 in der kleinen Gorgonius-Kapelle an der Kirchstraße 3 fast jeden Sonntag Gefangenengottesdienste für Franzosen, Russen, Belgier, Engländer, Serben und Algerier statt. Als Pfarrhaus wurde 1855 der „Mülbe’sche Burgmannshof“ erworben, ein Fachwerkgebäude, das 1964–1967 durch den Neubau eines Gemeindehauses ersetzt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs die Zahl der Gemeindeglieder durch Ostflüchtlinge auf ca. 2800 im Jahr 1946 an.
1956 wurde der Grundstein für die neue Kirche – ursprünglich unter dem Patronat St. Johannes Baptist – gelegt. Entwurf und Ausführung stammten von Cyrill Peuckert. Die Gorgonius-Kapelle wurde nach dem Neubau verkauft und musste aufgrund des Baus der Brückenauffahrt abgerissen werden.
- 1958 – Kirchweihe am 15. März durch Erzbischof Jäger
- 1959 – Weihe der Glocken der Firma Diegener und Schade mit den Tönen cis, dis, ais
- 1963 – Weihe der ersten Orgel (Firma Stegerhoff, Kegelladen mit elektrischer Traktur)
- 1995 – Weihe der zweiten Orgel (Firma Speith aus Rietberg)
Die Kirchenfenster stammen aus der Werkstatt Zappini in Paderborn, die Rosette über dem Haupteingang stellt den „Guten Hirten“ mit den Aposteln dar.
Von überregionaler Bedeutung war der Pastor Wilhelm Hohoff (1848-1923), der 19 Jahre in der Gemeinde tätig war und sich in seinen Studien mit der Verbindung von Christentum und Sozialismus befasst hat. Heute ist die Straße, an der das katholische Gemeindehaus und die Kirche liegen nach Hohoff benannt. Ein bekanntes Zitat von Hohoff lautet „dass nicht Christentum und Sozialismus, sondern Kapitalismus und Christentum sich einander gegenüberstehen wie Wasser und Feuer“.
Laut Bestellungsurkunde des Erzbischofs von Paderborn vom 1. Juli 2021 werden die beiden Pfarrvikarien St. Johannes Baptist Petershagen und St. Marien Lahde aufgehoben. Die Rechtsnachfolge tritt die neu errichtete Pfarrvikarie St. Elisabeth von Thüringen Petershagen an. Die Kirche St. Johannes Baptist zu Petershagen wird Pfarrvikariekirche der neu errichteten Pfarreivikarie St. Elisabeth von Thüringen Petershagen. (Pfarrnachrichten Nr. 12 2021)
Texte von Sabine Lewin.
Quellen: Falke, Ulrich; Battermann, Wolfgang: Aus der Geschichte der katholischen Kirchengemeinden in der Stadt Petershagen-Lahde. Herausgegeben von den katholischen Kirchengemeinden St. Johannes Baptist und St. Maria Petershagen. Petershagen 1986.
Beitragsbild: Erhard Saecker, Naive Malerei, Postkartenreihe, 1980er-Jahre. Fotoatelier Beste, Minden. Petershagen 1886-1905.