1953 | Stauwehr Petershagen (1934, 1936-1939, 1951-1953, 2021)

Das Weserstauwehr im Jahre 1949 

„Einschneidende Veränderungen in der Landschaft und damit große Aufregung in den betroffenen Gemeinden hat der 1936 begonnene Bau der Staustufe Petershagen hervorgerufen. Der Kanal dieser Staustufe beginnt am Lahder Damm und mündet am Stapelberg bei Windheim wieder in die Weser. Etwas unterhalb des Beginns wird in der Weser ein Stauwehr errichtet, das den Zweck hat, die Weser bis zur Schleuse in Minden so aufzustauen, dass auch für größte Kähne volle Ladefähigkeit gewährleistet ist. Der dementsprechende Wasserstand im Kanal wird bei Windheim durch eine Schleuse erhalten. Die freiwerdenden Wasserkräfte sollen bei dem Stauwehr durch Anlage eines Kleinkraftwerkes ausgenutzt werden. 

Der Bau der Staustufe ist ein großzügiges Stück der Kanalisierung der Mittelweser von Minden bis Bremen. Ohne den Ausbau dieses Teiles verlieren die fertigen Stufen an Wert. Die Weser ist immer noch [ein zentraler] Strom und Bremen ein sehr wichtiger Hafen. Die Pläne zum Bau gehen zurück bis in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Die Zeiten, da noch die kleinen Weserkähne von Menschen und Pferden die Weser hinaufgezogen werden mußten und konnten, sind längst endgültig vorbei. Die technische Entwicklung drängt zum Motorschiff mit großer Ladefähigkeit. Das setzt eine Tauchtiefe voraus, die nur durch eine Aufteilung der Mittelweser in einzelne Staustufen zu schaffen ist. Die Edertalsperre mit einem Fassungsvermögen von 200 Millionen cbm ist nicht in der Lage, durch Wasserabgabe den Wasserspiegel genügend zu heben, dafür müßte sie fünfmal so groß gebaut werden können. 

In den Jahren 1921-1929 reichte die Tauchtiefe der Weser im Jahre durchschnittlich fünf Monate nicht für eine volle Ladefähigkeit der Lastkähne aus. Das bedeutete ein Leichtern und Umladen der Kähne in Minden vom Mittellandkanal zur Weser, Mehrbedarf an Schiffen, der nicht zur Verfügung stand, und Unkosten, die allein 1929 1,5 bis 2 Mill. Mark ausmachten. So lag nicht nur ein Interesse der Schifffahrtsgesellschaften, sondern auch der gesamten Wirtschaft vor. 

Der Bau wurde sorgfältig vorbereitet. Jahre hindurch wurde der Grundwasserspiegel in der Landschaft kontrolliert. Drei Plane für den Lauf des Kanals wurden aufgestellt und durchberaten, für die betroffenen Gemeinden bleibt die Staustufe ein hartes Eingreifen in die landwirtschaftliche Struktur der Dörfer. Der Widerstand der Landbevölkerung bleibt begreiflich. Insgesamt gingen durch den Kanalbau 450 Morgen teilweise besten Bodens der Landwirtschaft verloren. Erschwerungen der Bewirtschaftung durch Zerschneidungen, durch Umlegung oder Verlängerung der Wege und das Fehlen von genügend Brücken mußten hingenommen werden. Um die fast 5 Mill. Kubikmeter bewegter Erdmassen unterzubringen, wurden in der Loccumer Heide weitere 250 Morgen allerdings leichteren Bodens für Aufschüttungszwecke angekauft. Der Mutterboden ist benutzt worden, um tiefgelegene Flächen in Lahde und Jössen aufzuhöhen und kulturfähiger zu machen. Die Arbeiten am Ausbau der Staustufe mußten mit Ausbruch des zweiten Weltkrieges eingeschränkt bzw. ganz eingestellt werden. Sie konnten auch bis heute noch nicht wieder voll aufgenommen werden.“ 

Quelle: [Ohne Autorenangabe]: Volksfest des Amtes Windheim zu Lahde, 24.-25. September 1949

Die Wiederaufnahme der Bauarbeiten am Stauwehr in der Nachkriegszeit

Rege Arbeit an der Petershäger Staustufe
Erstes Sperrtor wird eingebaut
Bote an der Weser am 24.11.1951

„Petershagen. Auf der Weser tut sich jetzt im Bereich von Petershagen wieder allerlei. Nicht allein, daß nach dem Ansteigen des Wasserspiegels die Schifffahrt wieder auf vollen Touren läuft und die Schleppzüge stromab und stromauf fahren. Auch bei der neuen Staustufe Petershagen wird in diesen Wochen emsig geschafft.

Etwas abseits vom allgemeinen Verkehr wird der Fortschritt dieser Arbeiten nur von wenigen bemerkt. Aber doch zeichnen sich von weitem die Konturen des ersten Sperrtores ab, das dort zur Zeit zwischen den ersten beiden Wehrpfeilern auf der Petershäger Seite erstellt wird. Riesige Gerüstböcke und Stützpfeiler ragen aus dem Wasser empor. Man hat diese hölzernen Kolosse unten auf dem Grund der Weser eigens durch zwei Taucher verankern lassen. Die einzelnen Teile des Wehrtores sind in Süddeutschland hergestellt, mit Schiff und Bahn nach hier transportiert und werden jetzt zusammengebaut. Oben über dem Sperrtor wird der sogenannte Wehrsteg verlaufen, mit dessen Konstruktion ebenfalls bereits begonnen wurde. Dieser durchlaufende Wehrsteg wird also später die beiden Weserufer miteinander verbinden und in erster Linie für die Kontrollgänge des Bedienungspersonals der Staustufe dienen.

Auch die etwa je sieben • Tonnen schweren Winden zum Heben und Senken des Sperrtores wurden bereits oben auf den Wehrpfeilern aufgestellt. Eine Winde in dreistündiger Arbeitszeit unten vom Schiff oben auf den Pfeiler zu bringen, wie es von der Arbeitskolonne geschafft wurde, kann man schon als eine ganz besondere Leistung hinstellen.

In den nächsten Tagen wird man nun die Niethämmer hören können, denn jetzt geht es an die Verbindung der einzelnen Teile, und wenn keine besonderen Schwierigkeiten auftreten, wird das erste Sperrtor mit dem ersten Teil des Wehrsteges kurz vor Weihnachten in Stahlkonstruktion fertiggestellt sein. 

Beim Sperrtor werden auch in einem Montagegang mehrere Flutklappen eingebaut, um dadurch später den Wasserstand regulieren zu können, so daß das Sperrtor selbst nur in besonderen Fällen geöffnet wird, wie z. B. im Winter bei starkem Eisgang, um den sich vor dem Sperrtor ansammelnden schweren Eisschollen den Weg weserabwärts freizugeben.“

(Redaktion und Recherche: Uwe Jacobsen)

1934
Erste Erdarbeiten im Bereich des Stauwehrs nach vorausgegangenen Planungen aus den 1920er-Jahren, die laut Überlieferung bereits im 19. Jahrhundert begannen.

1936
Beginn der eigentlichen Bautätigkeit. (Pressedarstellung 17.10.1953: 1937)

5. Januar 1938
Die Schleusenkanäle Petershagen und Drakenburg sind zum größten Teil fertiggestellt.

4. August 1938
Der nationalsozialistische Reichsarbeitsdienst errichtet auf der Lahder Weserseite für die Arbeiten am Wehr ein Arbeitslager, das mit 60 Personen belegt wird.

1939 
Die Arbeiten an der Staustufe werden bei Ausbruch des Krieges eingestellt. Drei Betonpfeiler konnten bis 1939 fertiggestellt werden. (Stadtchronik: 1939. Pressedarstellung 17.10.1953: 1941)

1948
Fortsetzung der Erdarbeiten.

1949-1951
Ende des Tiefbaus im November 1951.

03. Dezember 1952
Überbrückung der östlichen Wehröffnung. Nur der rechte Wehrverschluss fehlt noch.

1952-1953
Einbau der Maschinen und Schütze. Fertigstellung der Bauarbeiten.

J
anuar 1953
Montage der Bisenteile.

17. Oktober 1953
Die Weser bei Petershagen wird seit den Abendstunden, 20 Uhr,  gestaut. Die Turbinen sind noch nicht montiert.

April 2021
Beginn der Sanierungsarbeiten. Ausbau des mittleren Wehrverschlusses.

Foto oben: Blick auf die mittlere Sohle des Stauwehrs nach Entfernung des Wehrverschlusses. (Falk Jacobsen)

Wir freuen uns, Bilder aus der privaten Sammlung der Familie Heinrich Humke, Lahde, bereitstellen zu können. Heinrich Humke begleitete als Architekt die Bauten an der Staustufe und der Schleuse Petershagen.

Bau der ersten Wehrpfeiler vor Beginn des II. Weltkrieges (um 1937-1939).

Zustand des Stauwehres in der Zeit von 1941-1949.  

Überbrückung der mittleren Wehröffnung 1952.

Arbeiten am Turbinenhaus im Frühjahr 1953. Die Wehrbrücke ist bereits montiert.

Arbeiten am Turbinenhaus vermutlich im Sommer 1953. 

Fotos: Sammlung Heinrich Humke, Lahde. Mit freundlichem Dank.