1885 | Die Etagengrundrisse des Lehrerseminars

Einrichtung und Ausstattung
 

Zu Beginn der Siebzigerjahre des 19. Jahrhunderts bewirkten die Lehrerbildungsfrage und der große Mangel an Volksschullehrern einen Ausbau des Seminarwesens in Preußen. Der Neubau des Königlichen Schullehrer-Seminars Petershagen, das am 18. November 1885 eingeweiht wurde, resultierte aus dem Erfolg der regionalen Lehrerausbildung. Als Baugelände bot sich die Freifläche des Vethake’schen Burgmannshofes an, der schon 1851 von dem Institut bezogen worden war.

Das Seminar in Petershagen spiegelte mit seiner äußeren und inneren Gestaltung und mit seinem funktionellen Grundriss das Selbstverständnis der preußischen Bildungsreform wider. Es konnte in der Mitte des 19. Jahrhunderts bereits auf drei Standorte sowie eine Präparandenanstalt, die erste in Preußen, zurückblicken.

Ein Ministerialerlass vom 11. Januar 1878 regelte die räumliche Ausstattung der Seminarbauten in der Form von „Normalprogrammen“ für Internats-, Externats- und gemischte Anstalten sowie für Lehrerinnenseminare. Im ersten Stockwerk gruppierten sich um das Zentrum der direktoralen Verwaltung, die sich hinsichtlich der Ausgestaltung von den anderen Räumen abhob, die Dienstwohnung des Direktors und die naturwissenschaftlichen Räume. In Übereinstimmung mit den damals neuen Lehrplanbestimmungen wiesen sie aufsteigende Bankreihen und Experimentiertische für den Physik- und Chemieunterricht auf. Direkt über der Direktorenwohnung befand sich in der westlichen Gebäudehälfte auch die Wohnung des „Oberlehrers“, der diese Amtsbezeichnung infolge einer Beförderung trug.

In der Hauptachse der Vorderseite überhöhte die repräsentativ ausgestattete Aula im Verbund mit den künstlerischen Lehrräumen das Seminargebäude. Sie besaß zur Durchführung von Feierlichkeiten, Versammlungen und religiösen Veranstaltungen eine Konzertorgel, die vermutlich von der renommierten Orgelbaufirma Eberhard Friedrich Walcker (Ludwigsburg) erbaut worden war. Auf der Gebäuderückseite legte man die Räume im ersten und zweiten Stockwerk als Unterrichtsräume für Seminarklassen (Südhälfte) und Studierstuben (Nordhälfte) an.

Das Kellergeschoss beherbergte schließlich die Wohnräume des Ökonomen und seines Gesindes, die Anstaltsküche mit den erforderlichen Vorratsräumen und vor allem den zentralen Speisesaal. Die Seminarlehrer nahmen ihre Mahlzeiten nicht gemeinsam mit den Seminaristen ein. Ihre Wohnungen besaßen separate Küchen und Unterkünfte für die Hausmädchen. Das Petershäger Seminar legte besonderen Wert auf die Musikausbildung. Neben Aula und Musiksaal befanden sich eine Reihe von Übungsinstrumenten, Klaviere und Kleinorgeln, in weiteren Musikzellen. Aus heutiger Sicht erstaunt die Raumplanung: Die Seminar-Übungsschule (Volksschule) im Erdgeschoss war neben Lehrerzimmer und Bibliothek für fünf Klassen mit 56 Schülern nebst 30 Hospitanten ausgelegt. Es konnten sich also in Spitzenzeiten weit über 400 Personen im Erdgeschoss aufhalten. (Jac)

Bildquelle: Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin. Inv. Nr. 33150-33153 Grundrisse Keller, Erdgeschoss, 1. Stockwerk, 2. Stockwerk.