Nr. 258 | Der Hollwehdesche Burgmannshof

Dr. Karl Großmann (1896-1981)

Die Burgmannshöfe und Freien Häuser in Petershagen
Stadtarchiv Petershagen | Typoskript 1937

Die adligen Burgmannshöfe
Der Hiddenser Hof oder Hollwehdesche Burgmannshof.

Der Hiddenser Hof hat seinen Namen nach einer alten Siedlung, die auf dem Boden der heutigen Neustadt lag und als Hiddohusen wohl schon lange vor der Gründung des Schlosses bestanden hat. Zuerst erwähnt wird sie erst im Jahre 1280. Der Name ist dann später, genau so wie der frühere Name Hokeleve für die Altstadt durch den neuen Namen Petershagen verdrängt worden. Da der Hof heute nicht mehr erhalten ist, lässt sich seine genaue Lage nicht mehr feststellen. Wahrscheinlich waren es sogar mehrere Höfe, da wir des öfteren zur gleichen Zeit mehrere Besitzer finden. Mit ziemlicher Sicherheit lässt sich aber sagen, dass er auf dem Gebiete westlich der heutigen Beutelei, und zwar auf dem Grundstück das Schlachters Radke-Meyer und den dahinter liegenden Gärten gestanden hat.

Ein Heinrich von Hiddessen erscheint schon 1303 als Prokonsul in Minden. Um 1450 wird als Besitzer des einen Hofes Hinrich Beuermann genannt, während der andere an Otto von Schonburg verliehen wird. 1464 – 1600 besitzt die Mindener Patrizierfamilie Gevekothe einen der Höfe. Auch andere Mindener Familien tauchen als Besitzer dieser Lehnsgüter auf, so ein Heinrich Meyger, Johann Nikolaus von der Hoya, die Gebrüder Garssen. Durch diese kam ein Teil der Güter schließlich an den Mindener Kanzler von Jena und an die Familie von Meinders.

Ein anderer Teil des Hofes, den 1536 Ernst von Barckhausen als Lehen erhalten hatte, wurde durch diesen an die Petershäger Bürger Schalck und Hoyse weiter verpachtet, die später in diesem Besitz durch den Bischof selbst bestätigt wurden. Bald erhielt die Hoysesche Hälfte Dietrich Bruns, der aber 1590 seinen Anteil an die Familie Schalck abtrat, so dass diese nunmehr, das ganze Lehen besaß.

Im Jahre 1623 erteilte das Mindener Domkapitel dem damaligen Kanzler Johann Ernst von Hollwehde die Anwartschaft auf ein demnächst frei werdendes Lehen. In Aussicht genommen hatte man den Hiddenser Hof, den die Familie Schalck aber nicht heraus geben wollte. Eine Entscheidung fiel erst nach dem Dreißigjährigen Kriege, als das Bistum schon an Brandenburg gefallen war. Durch einen Vergleich kam die Familie des Kanzlers, der selbst schon 1657 gestorben war, in den Besitz des Hofes, mit dem am 3.XII.1658 der Leutnant Harbord Hinrich Hollwehde belehnt wurde.

Dieser rechnet sich nunmehr mit zu den Burgmännern von Petershagen und nimmt auch deren Rechte in Anspruch. Als „Adliger Burgmannshof findet er sich auch in den Lohnverzeichnissen zu Beginn des 18. Jahrhunderts und wird dort mit 3000 Talern bewertet. Dass er nicht zu den größten Höfen gehört, ergibt sich aus der Höhe des Lehnpferdegeldes. Es war dies eine in Preußen erneuerte Art Wehrsteuer für den fortgefallenen Kriegsdienst der einstigen Ritter. Sie betrug für den Hollwehdenhof nur 4 Taler, während die Bessels 24 und Gut Neuhof 40 Taler zahlen mussten. 

Der Urenkel des Kanzlers, Johann Friedrich Hollwehde, der seit 1722 Besitzer des Hofes war, hat diesen derartig mit Schulden belastet, dass er nach seinem Tode um 1750 verkauft werden musste. Käufer war der Auditeur Hartog. Er ließ die schon verfallenen Gebäude abbrechen und verkaufte den Hausplatz an Bürger von Petershagen, die Gärten daraus machten. Der andere Grundbesitz von etwa 70 Morgen wurde ebenfalls verkauft. Mitglieder der Familie lebten noch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Petershagen und heirateten auch in Petershäger Bürgerfamilien hinein.

Der Abstieg der Familie zeigt sich auch darin, dass bei den Eintragungen in dem Kirchenbuche das Adelsprädikat schließlich verschwindet. Der letzte Hollwehde, Henrich Gottlieb, war Bürger und Branntweinbrenner und hatte Anna Ilsabein Quesse geheiratet. Er wohnte in dem Hause Nr. 258, dem westlichen Eckhaus der Beutelei und Hauptstraße. Anscheinend also noch auf dem Grund und Boden des alten Hofes, von dessen Grundbesitz auch ein Teil an ihn gefallen war. 

(Quellen: Stadtarchiv Petershagen, Nachlass Großmann, Typoskript 1937, Die Orthographie folgt dem Original. Großmann, Karl: Die Burgmannshöfe und Freien Häuser in Petershagen. In: Mindener Jahrbuch Bd. 9 (1937/38), S. 161-182. Monumenta germaniae historica URL: https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a144197.pdf)

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Abb. oben: Dr. Karl Großmann: Zeichnung. Lageplan. Die Burgmannshöfe und freien Häuser in Petershagen (1937). Die Bezifferung der Karte folgt nicht der Systematik des Artikels. 1. Hiddenser Hof, 2. Besselscher Hof (Altstadt), 3. Besselscher Hof (Neustadt), 4. Hempellscher Hof, 5. Mülbescher Hof, 6. Gadenscher Hof, 7. Vethakescher Hof, 8. Reformiertes Freihaus, 9. Wehkingscher Hof, 10.  Scheringscher Hof.

Das Hollwehde-Epitaph in der Petrikirche Petershagen. Oben: Das Taufbecken in der Petrikirche, eine Stiftung des Kanzlers Hollwehde.

Das Hollwehde-Epitaph in postmoderner Beleuchtung.