1937 | Der Gadensche Burgmannshof
Die Burgmannshöfe und Freien Häuser in Petershagen
Stadtarchiv Petershagen | Typoskript 1937
Die alten Burgmannshöfe.
Der Nagelsche oder Gadensche Burgmannshof.
Wenn es auch keinem Zweifel unterliegt, dass der heute nicht mehr vorhandene Nagelsche Hof, der hinter der Apotheke stand, mit zu den ältesten Burgmannshöfen gehört hat, so lässt sich seine Geschichte erst vom Ende des 16. Jahrhunderts ab genauer festlegen.
Legt man allerdings die Angabe, dass er in der Altstadt gegenüber dem Mülbeschen Hofe, der heutigen katholischen Pfarre gelegen habe, so aus, dass nicht der Wehkingsche Hof in der Altstadt darunter zu verstehen ist, so lässt sich die Reihe der Besitzer noch etwas weiter rückwärts verlängern.
Dann käme als erstbekannter Besitzer ein Arend v. Freytag in Betracht, von dem der Hof an Matthias von Holtze genannt Kemener überging, dessen Burgmannsrechte im Jahre 1573 vom Bischof Hermann bestätigt wurden. Später hätten die v. Holtze ihre Güter an den Mindenschen Rat Johann von Bessel übertragen.
Nach einer andern Lesart soll aber gegen Ende des 16. Jahrhunderts der Hof dem Drosten von Schlüsselburg Rommert von Bredenohl gehört haben, der ihn an Johann v. Bessel veräußerte.
Dieser verkaufte ihn im Jahre 1629 an den früheren Amtsschreiber und späteren Amtmann von Petershagen Jobst Langheine. Über diesen ist wenig bekannt. Seine Witwe starb im Jahre 1649, und ein Jahr später folgte ihr die 1628 geborene Tochter Anna Elisabeth, die mit Johann Rudolph Pfeil verheiratet war. Durch diese Heirat kam der Burgmannshof in die Pfeilsche Familie. Der Vater von Johann Rudolph war Hans Brun Pfeil, der sich ebenfalls als Burgmann von Petershagen bezeichnet, vielleicht weil er sich von der Stadt die Steuerfreiheit erkauft hatte. Dass er einen eignen Burgmannshof besessen hat, lässt sich jedoch nicht nachweisen. In dem Kirchenregister ist er jedenfalls nicht verzeichnet.
Durch eine Tochter aus der zweiten Ehe Johann Rudolphs, Anna Elisabeth, die im Jahre 1682 den Leutnant Christian Nagel von Minden heiratete, kam der Burgmannshof wiederum schon nach einer Generation in andere Hände. Dieser Christian Nagel hatte ab 1661 teils in brandenburgischen, teils in niederländischen Diensten gestanden und als Rittmeister im Jahre 1701 den Abschied erhalten. In den Jahren 1701 – 1706 war er Pächter des Vorwerkes von Petershagen, das den landwirtschaftlichen Betrieb des Schlosses umfasste. 1707 war er in Petershagen gestorben; seine Witwe überlebte ihn fast 20 Jahre.
Zu gleicher Zeit besaß auch eine Familie von Nagel Lehnsgüter in Petershagen. Ein Zusammenhang mit der Burgmannsfamilie besteht aber nicht.
Aus der Nagelschen Ehe gingen 11 Kinder hervor. Erbauseinandersetzungen führten schließlich zum Verkauf des Hofes mit all seinen Gerechtsamen. Vollmacht erhielt der Obersteuereinnehmer Hedemann, der eine der Nagels Töchter zur Frau hatte. Die zinspflichtigen Bauern benutzten zum Teil diese Gelegenheit, ihre Abgaben abzulösen. So war der Bauer Lampe in Eldagsen verpflichtet, jährlich einen Himpten Roggen und die gleiche Menge Hafer zu geben. Durch Vertrag vom Jahre 1743 wurde diese Last für immer mit der Zahlung von 11 Talern und 9 Groschen abgelöst.
Den Hof selbst, zu dem nur noch 19 Morgen Land gehörten, kaufte der damalige Amtmann Gaden, der im Jahre 1751 aus dem Schloss, wo er bisher gewohnt hatte, dahin übersiedelte. Er vergrößerte den Besitz durch die 10 Morgen großen Pfarrkämpe, für die er 1000 Taler bezahlte. Die Bürgerschaft hatte zwar Einspruch dagegen erhoben, weil sie ihr Vieh auch dort hatte weiden lassen, aber ohne Erfolg.
Der Amtmann Ernst Wilhelm Gaden, der um 1767, aber nicht in Petershagen gestorben ist, wurde von seiner Frau um fast 30 Jahre lang überlebt. Diese hat im Jahre 1794 den Burgmannshof verkauft. Den Hof selbst erwarben die Anlieger, der Apotheker Lindemann und der Obersteuereinnehmer Riensch, die in den Häusern Nr. 119 und 120 unmittelbar an der Hauptstrasse wohnten. Sie ließen das Haus abbrechen und teilten das Land unter sich. Heute steht auf dem Rienschen Stück die Volksschule, der andere Teil bildet den Garten der Apotheke. Lindemann ließ ein neues Gebäude errichten, eine Art Hinterhaus zu der Apotheke, das später wieder abgerissen wurde. Mit dem Burgmannshof erhielt die Apotheke auch das Anrecht auf 8 Kirchensitze und ein Erbbegräbnis; außerdem die Burgmannsgerechtigkeiten, soweit diese nicht anderweitig veräußert waren. Das war z.B. der Fall bei der Schafhude im Heisterholz, die Kirchhoff in Eldagsen erworben hatte. Von den Burgmannsrechten hat die Apotheke keinen Gebrauch gemacht. Der Apotheker Bachhaus verzichtete vielmehr darauf, indem er sein Grundstück in das Hypothekenbuch zu Petershagen eintragen ließ. In Paderborn beim Oberlandesgericht meldete dagegen der Landrichter Becker seinen Garten als freies Grundstück des alten Gadenschen Hofes an.
(Quellen: Stadtarchiv Petershagen, Nachlass Großmann, Typoskript 1937, Die Orthographie folgt dem Original. Großmann, Karl: Die Burgmannshöfe und Freien Häuser in Petershagen. In: Mindener Jahrbuch Bd. 9 (1937/38), S. 161-182. Monumenta germaniae historica URL: https://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a144197.pdf)
Abb. oben: Dr. Karl Großmann: Zeichnung. Lageplan. Die Burgmannshöfe und freien Häuser in Petershagen (1937). Die Bezifferung der Karte folgt nicht der Systematik des Artikels. 1. Hiddenser Hof, 2. Besselscher Hof (Altstadt), 3. Besselscher Hof (Neustadt), 4. Hempellscher Hof, 5. Mülbescher Hof, 6. Gadenscher Hof, 7. Vethakescher Hof, 8. Reformiertes Freihaus, 9. Wehkingscher Hof, 10. Scheringscher Hof.
Auf der Parzelle zwischen Apotheke und Schule befand sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts der Gaadensche Burgmannshof. Eine Abbildung ist nicht überliefert.